Vorgestellt - Frank-Michael Rolfs

Zur Person:

Frank-Michael Rolfs

Alter: 59 (28.03.1961)

Familienstand: getrennt

Im Verein seit: Herbst 1992

Aktuelle Funktion beim Rostocker EC (seit wann):

 

Leiter Kampfgericht seit September 2005

AT: Es sind nun einige Wochen seit dem abrupten Saisonende für die Piranhas in der Oberliga und für den Eishockeysport in Rostock überhaupt vergangen, wie fällt mittlerweile Ihr Fazit dazu aus?

 

Frank-Michael Rolfs:  Die Enttäuschung war bei allen Beteiligten natürlich groß. Mit der Leistung der letzten Spiele wären es interessante Duelle mit Regensburg geworden und vielleicht wäre auch eine Überraschung drin gewesen. Wir werden es nie erfahren und müssen nun mit der Situation leben. Jetzt gilt es abzuwarten, wie es nun mit der neuen Saison wird. Es müssen Entscheidungen her, wie es mit Sportgroßveranstaltungen weiter geht, damit die Teams Planungssicherheit haben. Bis jetzt erfolgt alles nur auf Verdacht, ohne zu wissen ob man es auch so umsetzen kann wenn Klarheit herrscht.

 

AT: Sie sind als Leiter des Kampfgerichts bei Heimspielen der Piranhas im Einsatz, was gehört zu ihren Aufgaben? Bei welchen Spielen oder Turnieren sind Sie noch im Einsatz?

 

Frank-Michael Rolfs:  Als Leiter des Kampfgerichts ist meine Funktion die des Punktrichters. In dieser Funktion bin ich für alle Dinge vor dem Spiel, während des Spiels und nach dem Spiel verantwortlich, was den Spielablauf betrifft. Dazu zählt Vorbereitung der Spielunterlagen am Laptop und online, die Spielberichtsführung während des Spiels, Kontrolle des Kampfgerichtes und der Mannschaften während des Spiels. Wir müssen zu jeder strittigen Spielsituation gegenüber den Schiedsrichtern Auskunft geben können, welche Spieler beteiligt waren, wenn es erforderlich ist. Nach dem Spiel liegt dann die Kontrolle meiner Unterlagen durch die Schiedsrichter an. Unter Umständen sind bei besonderen Ereignissen noch Zusatzberichte zu verfassen. Weitere Einsätze habe ich noch bei den Freibeutern, sowie bei den Kodiaks. Beim Internationalen Rostocker Eishockeyturnier (Ostseepokal) bin ich seit über zehn Jahren als Organisationsleiter tätig.

 

 

AT: Haben sich Umfang und Art der Aufgaben über die Jahre verändert?

 

Frank-Michael Rolfs: In den 15 Jahren gab es einige Veränderungen. 2005 wurde der Spielberichtsbogen noch am PC in Excel vorbereitet, ausgedruckt, ausgefüllt und dann abgeheftet. Stellenweise wurde auch schon zuhause vorbereitet. Seit 2003 haben sich bis 10. März 2020 etliche Ordner mit Spielberichtsbögen angesammelt. Im Juli 2014 wurde dann, um diese Papierflut in der Ablage zu vermeiden, wurde dann das Programm „Pointstreak“ aus Kanada zur Spielberichtsführung eingeführt. Das war komplett auf englisch, inklusive Bedienungsanleitung. Da konnte es schon mal passieren, dass man in der Drittelpause mal schnell über den großen Teich telefonieren musste, wenn es Probleme gab. Im September 2018 stieg man dann beim DEB auf das deutsche e-grep Programm um. Die Eingaben dort werden dann gleich online auf Gamepitch veröffentlicht. Wenn man Pointstreak beherrscht hat, dann war der Umstieg ziemlich einfach. Allerdings hat man jetzt kurz vor Ende der Saison und zu den Pre Play Offs  im März wieder einen Rückfall in alte Zeiten gehabt. Vor dem Spiel müssen wieder jede Menge Zettel für erweiterte Statistiken ausgedruckt werden.

Wir sind jetzt acht Mann im Kampfgericht. Jeder muss jetzt zwingend jeden Spieler auf dem Eis beobachten und bei jeder „Bewegung“ dies auf dem Zettel hinter dem Namen dokumentieren.  Nebenbei soll man aber auch noch die Einhaltung des Regelwerkes kontrollieren. Es ist ein abendfüllendes Programm und vom eigentlichen Spiel bekommt man nicht sehr viel mit. 

 

AT: Können Sie sich noch an Ihren ersten Einsatz und das Spiel und den Gegner erinnern?

 

Frank-Michael Rolfs: Wir hatten am 27.08.05 ganztätig Kampfrichterschulung und am Sonntag den 28.08.05 Lizenzprüfung. In der Saison 05/06 hatten wir bereits am 19.08.05 das erste Vorbereitungsspiel REC gegen Eisbären Berlin Juniors (5:5) - in dem Spiel gab es gleich 118 Strafminuten insgesamt. Am 21.08.05 war dann das DEL-Vorbereitungsspiel der Eisbären Berlin gegen die Hamburg Freezers (6:1) in Rostock. Da gab es nur 90 Strafminuten. Mit den beiden Spielen ging es dann zur Lizenzprüfung als Einstand. Abends stand dann das   Vorbereitungsspiel REC gegen Ratingen (3:3) an. Mit nur 38 Strafminuten insgesamt war es eine Erholung. Das erste Spiel mit Lizenz war dann am Wochenende REC gegen ESC 04 Halle (6:1). Da gab es dann wieder 114 Strafminuten insgesamt. Wir hatten also zum Ein-stand das komplette Regelwerk in drei Vorbereitungsspielen durch.

 

AT: Sie sind auch der Ansprechpartner, wenn es um statistische Belange des Rostocker Eishockey geht – wie kam es dazu und über welche Daten verfügen Sie?

 

Frank-Michael Rolfs: Es war mehr zufällig. 2002 gab es online das REC-Eishockeyarchiv. Das war quasi die Grundlage. Im Laufe der Jahre gab es Änderungen und es blieben von drei Internetseiten nur noch die jetzige Piranhasseite übrig. Da gibt es aus den „alten Zeiten“ noch zwei Seiten von mir. „Hall auf Fame“ und die Debütliste. Das hatte mir vor etlichen Jahren mal den Zusatznamen „Graf Zahl“ eingebracht, auch weil man wusste, das man mich Nachts wecken konnte, nach einem Datum/Ergebnis fragen und es die Antwort innerhalb von zehn Minuten gab.  Durch einige Einsätze bei Oldstarspielen die ohne Zuschauer stattfanden, ergaben sich engere Kontakte und ich wurde mit jeder Menge Materialen aus allen Rostocker Eishockeyzeiten eingedeckt. So ergibt sich jetzt ein Nachweis über alle Spiele ab Dezember 1956 bis zum 10.03.2020. Alles schön verteilt und nicht zusammenhängend und alles ist mehrfach gesichert, da es zu viele Interessenten dafür gibt. Ich besitze Hefter mit Spielberichtsbögen ab 2002 von allen REC-Teams, CD’s mit Spielberichtsbögen aus DDR-Zeiten, Bildmaterial auf CD aus den 60er Jahren und von ehemaligen Rostocker National-spielern aus den Zeiten, CD’s mit Presseartikeln aus den Zeiten und aus Zeiten der REC-Clubgründung Anfang der 90er, CD’s mit Bildmaterial aus den letzten Jahren von den DDR-Bestenermittlungen der Oldiemannschaften aus dem Osten und das was viele Fans auch haben - eine umfangreiche Programmheftsammlung, die sich auf acht Kartons verteilt (REC & Freibeuter ab Clubgründung, Deutschland ab 1992 und das (fast) komplette Eis-Dynamo (regelmäßig erscheinendes Fanzine) Archiv der Eisbären Berlin.

 

 

AT: Wie kamen Sie zum Eishockey?

 

Frank-Michael Rolfs: Ich habe mit meiner Sportzeit im September 1978 begonnen bei Hansa Rostock. Damals wurden wir noch nebenbei von Hansa  in der Liga B für Schifffahrt Hafen Rostock, TSG Bau Rostock eingesetzt, für den  SC Empor Rostock (ab der Eröffnung für die Stadthalle), für das Ostseestudio Rostock. Am 14.08.1991, nach dem legendären 5:1 Sieg von Hansa über Borussia Dortmund, wurden ich dann als „Altlast“ aus dem Verein geworfen.

Ich habe dann ein Jahr Pause gemacht, bis ich 1992 im Herbst mal um die Mittagszeit in die Eishalle zum Eishockeyspiel gegangen bin. Von dem Tag an bin ich bis heute dabeigeblieben und habe vielleicht seit dem 4-5 Spiele verpasst.

 

AT: Wie sieht ihr Ablauf an einem normalen Spieltag aus?

 

Frank-Michael Rolfs: Ab 16 Uhr langsam alle Unterlagen einpacken und Zeit für einen letzten Kaffee. 17 Uhr geht es zur Eishalle. Bei dem etwa 25 Minuten  Fußweg und entsprechender Musik auf dem Weg kommt man langsam in den Betriebsmodus. Da mir neuerdings gewisse Zeitabläufe vom DEB vorgegeben sind und ich diese einhalten muss, muss ich gegen 17:30 Uhr in der Baracke sein. Dort liegen dann bereits die Mannschaftslisten beider Teams für das Spiel vor. Ich muss dann umgehend alle Spieler laut eingeteilter Blöcke in das egrep-Programm eintragen, dazu alle zum Spiel notwendigen Personen (Schieds-richter, Kampfgericht, Arzt, Mannschaftsoffizielle, dann Kapitän und Assistenten auf dem Eis, Starting Six eintragen). Wenn notwendige Unterlagen fehlen, dann ist eine Zusatzmeldung zu schreiben. Unterlagen werden ausgedruckt, vom Mannschaftsleiter kontrolliert, dann von mir und dem Trainer unterschrieben und den Schiedsrichtern vorgelegt.

Gegen 18 Uhr geht es in die Eishalle. Dort Laptop und Spieluhr einrichten und Testlauf. Wenn 18:30 Uhr das Kampfgericht komplett ist, dann werden die Statistikzettel verteilt und jeder bekommt seine Aufgabe zugeteilt. Generell weiß jeder, was er zu tun hat. Ich stehe bis kurz vor 19 Uhr auf dem Sprung, falls es Änderungen in den Aufstellungen gibt. Dann geht es eventuell um Minuten, weil alles neu gemacht werden muss und um 19 Uhr geht es los. Während des Spiels muss ich die Spielberichtsführung machen gemäß der Zeichen und Ansage durch die Schiedsrichter. Dazu ist nebenbei auf alle Ereignisse auf dem Eis, Straf-bänken, Spielerbänken und auf die Schieris zu achten. Unmittelbar nach Abpfiff gibt es durch die Spieler den Zettel mit den Änderungen zu den Scorerpunkten. Dazu kommen dann noch die Änderungen der Torhüter, die ihre eigene Statistik machen. Das sollte man auf dem schnellsten Wege erledigen. Mit den Änderungen geht es dann umgehend zu den Schiedsrichtern. Dort erfolgt dann die Kontrolle meiner Eintragungen. Während dieser Kontrolle sind Kommentare zum Spiel oder zu Personen absolut Tabu. Es sei denn, die SR fangen von selber an. Das ist meine Regel seit dem ersten Tag und mit der fahre ich sehr, sehr gut. In der Baracke muss ich dann die Extrastatistik vom Kampfgericht auf ein Level mit meinen Eintragungen bringen. Das kann dauern und muss jedes Mal durchgezählt werden und darf nicht abweichen. Wenn alles stimmt, schließe ich das Spiel online und dann kann der Spielberichtsbogen ausgedruckt werden. Die Richtigkeit wird nun von mir durch Unterschrift bestätigt und den Schiedsrichtern übergeben. Dann erfolgt von mir die Aktualisierung der Piranhasseite was das Spielergebnis betrifft. Sollte ich es schaffen und gegen 23 Uhr wieder zuhause sein, dann geht es weiter. Dann aktualisiere ich mein privates Archiv mit dem Ligamanager. Dann beginnt die Aktualisierung der Scorerliste für die Piranhasseite und der „Hall of Fame“. Dann ist es Mitternacht und Zeit für Abendbrot. Es kann durchaus auch später werden. Je nachdem wie das Spiel verlief, brauche ich dann gut und gerne 3-4 Stunden um von „Betriebsmodus“ auf „Alltagsmodus“ umzuschalten.

 

AT: Wie wichtig sind für einen Verein, die in diesem Bereich ehrenamtlich engagierten Helfer?

 

Frank-Michael Rolfs: Ohne ehrenamtliche Helfer geht es nicht. Leider gibt es aber zu wenig davon. Entweder kommt sofort die Frage - was wird gezahlt oder es wird nach wenigen Spielen aufgegeben, weil es zu stressig ist. Ich spiele von Anfang an mit offenen Karten, wenn sich jemand meldet, um falsche Vorstellungen zu bereinigen. Man „sitzt halt nicht in der ersten Reihe“ und kann sich in aller Ruhe ein Spiel ansehen oder Spieler nahe sein. Man muss schnell reagieren können, sich durchsetzen können gegenüber „aufgeregten“ Spielern. Man sollte auch ein dickes Fell gegenüber Sprüchen haben. Momentan sind wir in der glücklichen Lage, dass wir sieben Leute jetzt haben nach all der Suche in den letzten Jahren.

 

AT: An welche Saison und an welche Mannschaft haben Sie die positivsten Erinnerungen?

 

Frank-Michael Rolfs: Dazu muss ich eins vorausschicken. Es wurde uns seit der ersten Minute bei der Lizenz eingebläut, dass wir uns neutral zu verhalten haben, jeglicher Jubelarien zu enthalten haben und Fanutensilien tabu sind während des Spiels. Man hat auch nicht mehr die Zeit ein Spiel zu genießen. Man hat einen „Job“ zu machen. Es mag makaber klingen, aber mir ist es seit Jahren so was von „egal“ wer da auf dem Eis umherturnt. Es gibt für mich nur noch zwei Farben. Man hat auch keinen engen Kontakt zu Spielern mehr wie früher. Es kann auch passieren, dass man am Saisonende ein Gesicht immer noch nicht dem Namen und Rückennummer zuordnen kann. Es gab durchaus in den Jahren einige symphatische Spieler. Die positivsten Erinnerungen hat man immer an die Meisterteams.

 

AT: An wen oder was die Negativsten?

 

Frank-Michael Rolfs: Ich habe seit 1992 etliche Leute im Verein kommen und gegen sehen. Da gibt es einige Personen die mir das Leben schwer gemacht haben und auch noch machen. Ich habe mal vor einigen Jahren einen guten Spruch von meiner damaligen Familie mit auf den Weg bekommen. Er ist krass, hat sich aber im Laufe der Zeit bestätigt: „Wenn du dein Hobby liebst, dann lass es dir nicht von 1-2 Idioten verderben“. Bis jetzt konnte mich keiner zur Aufgabe bringen mit seinem Verhalten, obwohl es öfters eng war. Man soll da auch nicht nachtreten. Einmal tief durchatmen und sagen: Was soll’s ... und weitermachen.

 

AT: Gibt es Begebenheiten von Spielen (im Zusammenhang mit dem Kampfgericht), die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

 

Frank-Michael Rolfs: Wenn man seine Aufgabe so erledigt wie es gefordert wird, dann ist man nicht immer im eigenen Verein und bei den Spielern „der Liebling der Nation“. Das wir, wie die Schiedsrichter auch, dumme Sprüche zu hören bekommen, weil man für Sachen verantwortlich gemacht wird, für die man nichts kann (siehe Anzeigetafel) - damit muss man leben. Wir sind ja stellenweise noch in der Urbesetzung von 2005 tätig und mittlerweile um die 60 und haben seit dem ersten Tag Lizenz für alle Ligen, inklusive Championsleague. Diese gewinnt man nicht im Lotto. Wir wissen schon noch was wir tun. Dann gibt es halt Misstrauen gegen uns von Gästeteams und man meint, man müsste uns einen Aufpasser zur Seite stellen. Da muss man dann auch ruhig bleiben. Beim letzten Heimspiel gegen Duisburg ist es mir nicht ganz gelungen und das kommt selten vor.  Dann gibt es Mannschaften, die die Drittelpause überziehen oder keine Lust mehr haben und aufhören.  Verletzte im Kampfgericht hatten wir auch schon, die dann Nachts noch zum Notarzt mussten bzw. ein Drittel lang behandelt werden mussten. Jeweils durch Puck oder Schläger auf der Strafbank getroffen. Das ist aber schon Jahre her. In den letzten Jahren gab es nichts mehr, was solche Erinnerungen hinterlassen hat.

 

 

AT: Ein kurzer Vorausblick – werden wir Sie auch in der neuen Eishockeysaison in der Eishalle in der Schillingallee in alter Funktion sehen?  

 

Frank-Michael Rolfs: Das ist eine gute Frage. Die stelle ich mir in den letzten Jahren gleich nach Saisonabschluss und kurz vor Saisonstart immer öfter und nicht nur ich stelle die mir. Wir sind nun acht Mann und ich kann alle Posten doppelt besetzen - nur für mich gibt es keinen Ersatz. Wenn das erste Spiel gelaufen ist, dann ist man wieder im Trott drin. Es ist wie eine Sucht. Man möchte gerne aufhören oder mal Pause machen zwischendrin, aber es funktioniert nicht. Wenn ich jetzt sagen würde, ich höre auf, dann lachen sich etliche Leute im Verein kaputt, weil sie wissen ich kann nicht. Irgendwann in den nächsten Wochen steht die Vorstandswahl an und wenn der neue Vorstand uns noch haben will, dann werden wir wieder Sonntag gegen 16 Uhr die Sachen packen.

 

ARNE TARON