Die REC Piranhas beendeten die Saison in der Hauptrunde mit 51 Punkten auf dem zehnten Rang. In den Prey Play Offs konnte man das Entscheidungsspiel gegen den Herforder EV knapp mit 5:4 nach Verlängerung gewinnen. Im Play Off Viertelfinale musste man sich dann dem Topfavoriten Hannover Scorpions nach zwei sehr ordentlichen Spielen (3:5 und 4:7) geschlagen geben. Arne Taron sprach mit Headcoach Chris Stanley über die abgelaufene Saison.
AT: Wie schon in der Vorsaison sind Sie auch diesmal in die Play Offs eingezogen und haben sich dort gegen den Topfavoriten gut verkauft, wie fällt das sportliche Fazit aus?
Chris Stanley: Wir haben nicht alle unsere Ziele erreicht. Wir wollten unter die Top sechs der Liga sein – das haben wir nicht geschafft. Das Team und die individuelle Klasse waren bei uns gut genug, um dieses Ziel zu erreichen, aber uns fehlte insgesamt die Konstanz. Wir haben zu oft die Schuld bei anderen oder bei der aktuellen Situation wie Corona oder Eishalle gesucht – und zu selten den Fokus auf uns selbst gelegt. Wir haben in dieser Saison zu wenig aus unseren Möglichkeiten gemacht.
AT: Was hat in den beiden Partien gegen die Hannover Scorpions gefehlt, um weiterzukommen oder zumindest ein drittes Spiel zu erzwingen?
Chris Stanley: Wir hatten in beiden Spielen unsere Chancen, aber insgesamt zu wenig Tore daraus gemacht. Zudem fehlte uns in beiden Partien eine Klasse-Torwartleistung und die braucht man gegen so ein Top Team nun mal. Insgesamt war es auch in diesen beiden Spielen so wie meist in der Saison – wir wollten zu oft schön spielen du den Puck ins Tor tragen. Wir haben zu wenig „dreckige“ Tore erzielt und wollten zu oft das „Sensationelle“. Sicherlich haben die Scorpions individuell schon mehr Klasse und große Erfahrung aus teilweise deutlichen höheren Spielklassen. Unter dem Strich geht das Weiterkommen der Scorpions in Ordnung.
AT: Mit etwas Abstand – wie denken Sie über diese Serie mit Coronaquarantäne und Eishallenschließungen?
Chris Stanley: Ich bin schon stolz auf die Mannschaft, wie sie mit diesen ganzen Geschehnissen umgegangen ist. Nach unserer Pause mussten wir wirklich viele Partien in kurzer Zeit absolvieren und haben etliche Stunden und Kilometer im Bus verbringen müssen.
Von 57 Spielen diese Saison hatten wir nur ganze 21 Heimspiele und davon dann einige nicht mal in der eigenen Halle in Rostock. Das war alles nicht einfach für die Jungs und das haben sie ganz am Ende doch gut hinbekommen. Da muss man dann auch den Verantwortlichen des Vorstandes großen Dank aussprechen, die alles versucht haben, um diese Saison gut über die Bühne zu bringen.
AT: Im ersten Saisonteil waren Sie noch als spielender Co Trainer unter Chef Trainer Nils Garbe auf dem Eis, nach der Quarantänepause waren Sie dann Headcoach – wie schwer ist Ihnen persönlich dieser Schritt gefallen?
Chris Stanley: Es war eine einfache Entscheidung für mich. Schon im Dezember hatten wir diese Diskussion, nach der Quarantäne Zeit der Mannschaft haben wir es dann zusammen umgesetzt. Herr Mundt und ich waren uns einig, dass es der Mannschaft mehr bringt, wenn ich von der Bande aus agiere und die alleinige Verantwortung habe. In der Zwischenzeit wurde dann auch noch mein Sohn geboren, insofern war das schon alles gut und richtig so.
AT: Besonders in der Defensive hakte es in der Hauptrunde immer wieder, teilweise waren Sie da allein schon quantitativ nicht gut genug aufgestellt, mussten immer wieder improvisieren. Wir bewerten Sie das in der Nachbetrachtung?
Chris Stanley: Da muss man sagen, dass wir letztlich Fehler in der Kaderplanung gemacht haben. Ein großes Problem war in diesem Zusammenhang aber auch die Umsetzung der Partnerschaft mit Weißwasser. Da war die Unterstützung nicht so da, wie wir uns das vorgestellt hatten. Mit nur vier etatmäßigen Verteidigern eine Saison mit solchem Pensum zu zu bestreiten, kann nicht wirklich gut gehen.
AT: Wie sind die Leistungen auf der Torhüterposition einzuschätzen?
Chris Stanley: In der Vorbereitung war Leon Meder im Tor eine richtig positive Überraschung. Nach seiner Verletzung im ersten Saisonspiel in Herforf war er dann aber ein anderer Torwart, sein Selbstvertrauen war nicht mehr in dem Maße da. Erst gegen Ende der Saison konnte er das in einigen Spielen wieder abrufen. Nils Velm hat für einen Förderlizenzspieler gut Konstanz reingebracht. In den entscheidenden Spielen, wie eben gegen die Hannover Scorpions, hat uns aber wie gesagt auch der eine oder andere entscheidende „Save“ gefehlt.
AT: Wie zufrieden sind Sie mit den Kontingentspielern? Immerhin rangieren John Dunbar, und Matthew Pistilli auf den ersten zwei Plätzen der internen Scorerliste.
Chris Stanley: Beide haben die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Es war natürlich traurig für uns, dass Matthew Pistilli aufgrund einer Knieverletzung mitten in der Saison fünf – bis sechs Wochen fehlte und somit 12 Spiele verpasste – das hat ein großes Loch in unserem Kader hinterlassen. Vor allem John Dunbar hätte natürlich auch noch gerne das eine oder andere Tor mehr selbst schießen können. Aber er ist ein sehr selbstloser Spieler und spielt eben lieber noch mal ab, als abzuschließen. Davon haben aber auch viele andere in unserem Team, wie zum Beispiel ein Jayden Schubert, profitiert. Am Ende muss man sagen, dass die beiden Kontingentspieler mehr geliefert haben, als die Kontingentspieler der letzten Jahre bei den Piranhas.
AT: Erstmals in der Vereinsgeschichte gingen die Piranhas vor Saisonbeginn eine Kooperation mit dem Zweitligisten den Lausitzer Füchsen aus Weißwasser ein – wie gut und effizient war dies für die Rostocker Seite aus ihrer Sicht?
Chris Stanley: Damit bin ich nicht so richtig zufrieden. Der Plan war immer mindestens zwei Stürmer, ein Verteidiger und einen Torwart bei Training und Spiel zu haben, das ist aber nicht aufgegangen. Luis Müller hat zwar 37 Spiele bestritten und ist ein engagierter Spieler aber er hat eben nicht die individuellen Stärken wie Ludwig Nirschl, Luis Rentsch und Stephane Döring die nahezu gar nicht bei uns zum Einsatz kamen. Moritz Raab hat als solider Verteidiger nur 23 Spiele für uns gemacht und Tim Junge nur sechs Partien. Für uns kam da insgesamt sicherlich zu wenig bei raus. In dieser Form werden wir es wohl nicht noch mal machen.
AT: Noch ein Wort zur Leistungsdichte der Liga – „leichte“ Spiele gibt es in dieser Liga scheinbar nicht mehr …?
Chris Stanley: Das ist definitiv so. Selbst Spiele gegen Schlusslicht Hamm waren alles andere als Selbstläufer. Insgesamt ist das Niveau der Liga weiter besser und ausgeglichener geworden. Im Vergleich zur Oberliga Süd hat die Nord Staffel aus meiner Sicht weiter aufgeholt.
AT: Wie geht’s für Sie persönlich weiter? Werden Sie auch in der neuen Saison an der Bande der REC Piranhas stehen?
Chris Stanley: Ich bleibe bei den Piranhas und habe eine weitere Saison verlängert. Ich haben keinen Hehl daraus gemacht, dass ich hier gerne länger bleiben möchte und freue mich über das Vertrauen des Vorstandes.
AT: Wie sieht der Plan aus – wann würde die Vorbereitung wieder starten?
Chris Stanley: Ich hoffe das es Anfang September wieder normal losgehen kann mit der Vorbereitung und dann natürlich wieder in der heimischen Eishalle. Wäre toll wieder mit einem Nordostpokal, wie in der letzten Vorbereitungsphase, zu starten. Das ist aber noch Zukunftsmusik.
AT: Können Sie schon etwas dazu sagen, wie stark sich das Gesicht der Mannschaft verändern wird?
Chris Stanley: Leon Meder, Maurice Becker, Filip Stopinski und Thomas Voronov werden nicht mehr dabei sein. Wir sind mit vier, fünf Spielern in Kontakt. Vielleicht wird es auch das eine oder andere Wiedersehen mit ehemaligen Spielern geben. Das werden die kommenden Wochen aber erst zeigen. Der Kader wird sich sicherlich aber wieder verändert, das steht fest.
AT: Noch eine persönliche Prognose – meinen Sie die Fans der Piranhas können ihr Team in der nächsten Saison wieder in der heimischen Halle verfolgen? Neben der Corona gibt es hier zudem ja auch die notwendige Reparatur der Eisanlage zu bedenken…
Chris Stanley: Ich hoffe es für uns alle sehr. Ich habe mich zuletzt auch mit vielen anderen älteren Spielern anderer Vereine unterhalten – so wollen sie ihre Spielerkariere nicht beenden und wollen unbedingt noch eine Serie dranhängen. Die Atmosphäre in den Hallen bei den Spielen fehlt total, Heimspiele gibt es praktisch nicht mehr und es herrscht bei den Spielen eine seltsame Stimmung. Die „normale Eishockeystimmung“ wünschen sich wirklich alle wieder.
AT: Wie werden Sie den Sommer verbringen?
Chris Stanley: Ich freue mich natürlich auf die Zeit mit der Familie. Wir haben uns auf jeden Fall vorgenommen öfters in den Rostocker Zoo zu gehen. Ansonsten werden wir im Sommer natürlich weiter am Kader basteln und die neue Saison planen.
ARNE TARON